Freispringen ist eine hervorragende Möglichkeit, dein Pferd gymnastisch zu fördern und seine Beweglichkeit, Koordination und Kraft zu verbessern. Korrekt durchgeführt kann Freispringen dazu führen, dass sich dein Pferd insgesamt besser und kraftvoller bewegen kann.
Deswegen erkläre ich dir in diesem Blogbeitrag, worauf es dabei ankommt, um diese Effekte auch zu erreichen.
Warum Freispringen?
Der häufigste Grund für die Überlegung, sein Freizeitpferd freispringen zu lassen, ist das Bemühen um Abwechslung im Training. Das ist allerdings kein ausreichender Grund (wie ich zum Thema Abwechslung im Training stehe, habe ich bereits in einem anderen Blogbeitrag erklärt: https://www.wiebkehasse.de/wieviel-abwechslung-braucht-mein-pferd/ ), insbesondere des verhältnismäßig hohen Aufwands bei der Vorbereitung und Durchführung.
Der größte Vorteil des Freispringens ist sein gymnastischer Wert:
Freispringen fördert Beweglichkeit, Koordination und Schnellkraft des Pferdes. Durch die vorgegebenen Abstände und Höhen muss es sich ständig neu einstellen und verbessert so seine koordinativen Fähigkeiten. Außerdem kräftigen Absprung und Landung vor und nach dem Sprung Hinter- und Vorhand.

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Die richtige Herangehensweise an das Freispringen
Damit es effektiv und sicher ist, sind beim Freispringen sorgfältige Vorbereitung und Durchführung unerlässlich. Folgende Faustregeln solltest du daher beachten:
Häufigkeit:
Es reicht völlig aus, wenn du dein Pferd nur 1- bis 2-mal im Monat freispringen lässt.
Herangehensweise:
Gehe es unbedingt ruhig und systematisch an. Überfordere dein Pferd zu keinem Zeitpunkt und gib ihm die Zeit, die es benötigt, um sich an die Abläufe und Übungen zu gewöhnen.
Notwendige Bedingungen:
- Platzgröße – dein Pferd sollte vor und nach der Reihe mindestens 10 Meter geradeaus laufen können
- Material – verwende stabile Stangen, Sprungständer oder Blöcke. Eventuell vorhandene Spiegel sollten abgehangen werden und die aufgebaute Reihe sollte nicht in Richtung eines Eingangs führen, damit kein Pferd sich eingeladen fühlt, über den Eingang nach draußen zu springen.
- Helfer – pro springendem Pferd sollten mindestens 2 Personen anwesend sein. Davon führt eine das Pferd an die Reihe heran und treibt von hinten. Die zweite Person steht etwas weiter vorn neben der Reihe und treibt dort nach, wenn es nötig sein sollte
Aufbau:
- Aufwärmen – lass dein Pferd niemals unaufgewärmt traben, galoppieren oder springen!
- Einführung – beginne ohne Sprünge und lass dein Pferd in Ruhe durch die Gasse gehen. Je nach Stresslevel kann das auch im Schritt erfolgen. Ruhiges Vorwärts hat die oberste Priorität!
- Steigerung – wenn sich dein Pferd ruhig im Trab durch die Gasse bewegen kann, füge zunächst nur 2-3 Trabstangen vor dem späteren ersten Kreuz hinzu. Sobald das gut klappt, kommt dann nach den Trabstangen das erste kleine Kreuz, nach welchem das Pferd weiter ruhig im Trab oder Galopp durch die Gasse gehen sollte. Der Abstand zwischen der letzten Trabstange und dem Kreuz sollte dem doppelten Trababstand entsprechen.
Im nächsten Schritt kommt dann mit ca. 10m Abstand ein weiteres Kreuz hin. Klappt das problemlos, wird das zweite Kreuz zunächst zum Steil und dann zum Oxer umgebaut.
Für weitere Steigerungen empfehle ich die Bücher ‚Springreiten mit System‘ von Linda Allen und ‚Praxishandbuch Freispringen‘ von Claudia Götz als Inspiration.



Beispiele aus dem echten Leben

In meiner bisherigen Ausbilderlaufbahn habe ich mit verschiedenen Pferden unterschiedliche Fortschritte beim Freispringen gemacht. So kam ein Traberwallach nie über das erste Kreuz nach den Trabstangen hinaus, wurde dadurch aber wie nebenbei im regulären Training deutlich koordinierter und stabiler. Damit ist er eher die Ausnahme, zeigt aber auch, dass bereits dieses niedrige Niveau einen gymnastischen Wert für ihn hatte. Eine blütige Stute benötigte aufgrund ihres hohen Stresslevels mehrere Monate, um überhaupt den ersten kleinen Sprung bewältigen zu können. Je routinierter die Pferde werden, desto mehr Freude macht es und auch die Steigerung der Anforderungen geht dann – wie bei allem in der Pferdeausbildung – immer zügiger voran.
Die wichtigsten Grundsätze beim Freispringen sind
Es geht nicht um Höhe
…sondern darum, dass das Pferd in seinem Körper kräftiger, beweglicher und generell fähiger wird.
Wir haben Zeit
…denn kein Pferd soll sich beim Freispringen gehetzt oder gejagt fühlen und gerade unsichere Pferde können eine Weile kleinschrittigen Übens benötigen, ehe sie die ersten kleinen Sprünge stressfrei bewältigen können.
Wenn du dich an diese Faustregeln und Grundsätze hältst, steht euren Versuchen im Freispringen nichts im Wege. Tu dich gern mit Miteinstellerinnen zusammen, sodass ihr euch gegenseitig beim Aufbau und der Durchführung unterstützen könnt.
Viel Freude dabei!
Fotoreihe
Überwinden desselben Hindernisses durch drei verschiedene Pferde – Unterschiede bedingt durch Ausbildungsstand, Exterieur und Interieur



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