Du führst dein Pferd ruhig über den Hof, als plötzlich eine Tür zuknallt. Dein Herz schlägt schneller und noch ehe du reagieren kannst, reißt dein Pferd den Kopf hoch und springt zur Seite. Du hältst anschließend den Strick fester, damit nicht nochmal etwas passiert und behältst lieber eure Umgebung noch besser im Blick. Bis ihr am Putzplatz angekommen seid, ist dein Pferd aber noch zwei weitere Male vor augenscheinlichen Belanglosigkeiten erschrocken. Damit bist du bedient und dir sicher, dass der Tag für euch heute eigentlich gelaufen ist und nix mehr gut laufen wird.
Schreckhafte Momente wie diese passieren häufig und können uns als Reiter und Pferdebesitzer sehr verunsichern – vor allem, wenn sie regelmäßig auftreten.
Daher schauen wir uns in diesem Blogbeitrag an, wie du damit konstruktiv umgehen kannst, um gefährliche Situationen zu vermeiden und selber immer gelassener zu werden.
Zunächst mal sollte dir bewusst sein, dass Schreckhaftigkeit immer aus Anspannung entsteht. Es geht also grundsätzlich darum, diese Anspannung zu vermeiden oder wieder auflösen zu können.
Ursachen von Schreckhaftigkeit bei Pferden eingrenzen
Die Ursachen für Anspannung und Schreckhaftigkeit können sehr unterschiedlich sein. Du solltest daher erst einmal abklopfen, welche bei deinem Pferd zutreffen könnten.
Ein Pferd kann einfach ein generell unsicherer Typ sein, dessen Charakter wenig Mut und Gelassenheit mitbringt. Oder es ist in der Herde immer der Aufpasser, der alles im Blick behalten und die anderen alarmieren muss, wenn potentielle Gefahr droht.
Vielleicht ist es aber auch einfach noch unerfahren, hat noch nicht die nötige Routine oder ist in einigen Situationen erstmal reizüberflutet.
Anspannung kann auch an konkrete Situationen gebunden sein: Manchen Pferden sind klappernde Geräusche generell nicht geheuer, sie haben Angst vor großen lauten Fahrzeugen oder Probleme mit engen Wegen, bei denen ihre Rundumsicht eingeschränkt ist.
Und nicht zuletzt kann Anspannung natürlich auch körperliche Ursachen haben.
Bekommt ein Pferd nicht ausreichend Raufutter, kommt in der Herde nicht zur Ruhe und hat dadurch zu wenig Regenerationsmöglichkeiten oder steht auf einer Fläche, die zu wenig Bewegungsmöglichkeiten bietet, wird es ebenfalls unter Grundspannung stehen. Der Futtermangel äußert sich übrigens besonders bei blütigen Pferden sehr schnell sehr deutlich.
Neben Haltung und Fütterung führen selbstverständlich auch Schmerzen zu dauerhafter Anspannung.
Wenn du ein schreckhaftes Pferd hast, beginne mit der Ursachensuche unbedingt zunächst bei den zuletzt genannten Faktoren. Anschließend grenzt du die Probleme zusätzlich auf seinen Typ, mögliche Unerfahrenheit und konkrete Situationen ein.
So kannst du idealerweise schon Ursachen beheben und bekommst einen klareren Blick auf das Problem, anstatt eines schwammigen ‚Der hat halt Angst vor allem‘.

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Deine Rolle als Mensch im Umgang mit einem schreckhaften Pferd
Nun ist in all diesen Situationen dein Pferd nicht allein, sondern du bist – im Sattel oder neben dem Pferd gehend – auch mit dabei.
Und das hat großen Einfluss darauf, wie sich eine solche Situation abspielt!
Denn auch du trägst wesentlich dazu bei, ob und wie viel Anspannung vorhanden ist.
Das beginnt auch bei dir schon außerhalb des Stalles: Schlecht geschlafen, Stress auf Arbeit oder mit der Familie, bereits 2 Liter Kaffee intus und dann noch latente Rückenschmerzen – all das bringt zusätzliche Anspannung.
Aber vielleicht hast du ‚nur‘ Angst vor den Reaktionen deines Pferdes, dass irgendjemandem etwas passieren könnte.
Am Ende ist es erst einmal egal, woher deine Anspannung kommt. Fakt ist: Dein Pferd spürt sie und reagiert darauf.
Je nervöser dein Pferd wird, desto mehr hältst du deine Luft an und verspannst dich, was wiederum dein Pferd noch mehr verunsichert – ein negativer Kreislauf, der schwer zu durchbrechen scheint.
Lösungsansätze bei Schreckhaftigkeit von Pferden
Als Mensch bist du aber der Part des Teams, der seine Reaktionen bewusst ändern kann und damit den Schlüssel in der Hand hält. Daher ist der wichtigste Lösungsansatz immer
Selbstkontrolle
Übe, deine eigene Ruhe und Gelassenheit zu wahren – dein Nervensystem zu regulieren –, auch wenn das Pferd nervös wird.
Lass dich nicht in den Zustand deines Pferdes mit hineinziehen, sondern fokussiere dich auf deine Atmung, lass deinen Körperschwerpunkt von den Schultern wieder ins Becken oder bis in die Füße gleiten und rufe dir ein inneres Bild vor, welches zeigt, wie sich die Situation idealerweise gleich positiv auflösen wird.
Individuelle Lösungen finden
Im zweiten Schritt solltest du lernen, darauf einzugehen, was dein Pferd braucht. Wird es ruhiger, wenn es einmal stehen und schauen kann? Oder steigert es sich dann nur erst recht hinein und sollte daher lieber ruhig und bestimmt im Schritt gehalten werden?
Dein Ziel sollte immer sein, möglichst bald wieder zur Entspannung zu finden. Probiere also aus, welche Vorgehensweise am besten funktioniert. Wichtig: Überlasse nicht deinem Pferd alle Entscheidungen, sondern gib klare Vorgaben, aber beobachte, ob und wie sie helfen.
Pferde sind Fluchttiere – wenn sie selbst entscheiden, was sinnvoll ist, wird es in unserer zivilisierten Welt (mit Straßen und anderen Verkehrsteilnehmern) schnell gefährlich.
Proaktivität
Das bedeutet auch, dass du unbedingt vorausdenken und –planen solltest. Auf welchen Routen begegnet ihr tendenziell welchem Problem? Könnt ihr das nutzen, um zu üben?
Oder ist heute von vornherein schon so viel Anspannung in der Luft, dass du bestimmte Strecken besser vermeiden solltest?
Sollte euch unterwegs ein unerwartetes Problem begegnen, greife zurück auf 1) und 2) und überlege, wie du euch zügig aus der Situation und in die Entspannung bringen kannst.
Eskalation ist zu vermeiden und Deeskalation ist immer Aufgabe des Menschen.
Deswegen ist es auch immer erlaubt, ‚nachzugeben‘ – abzusteigen, umzudrehen oder Wege zu ändern.
Dein Pferd bekommt Vertrauen, wenn es sich sicher fühlt und nicht, wenn du deinen Stiefel durchsetzt, egal, wie es ihm dabei geht.
Der Schlüssel für ein ruhigeres, selbstbewussteres Pferd und ein harmonischeres Miteinander liegt in deiner eigenen Ruhe und deinem vorausschauenden Handeln.
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