Ein Plädoyer für die grundlegendsten Bahnfiguren

Heute möchte ich eine Lanze brechen für die ganz grundlegenden und „einfachen“ Bahnfiguren: Ganze Bahn, Zirkel und Durch die Ganze Bahn Wechseln.

Für viele Reiter gehören diese Figuren zum Repertoire der Reitanfänger oder vielleicht noch ganz an Anfang und Ende einer Einheit. Doch sobald ‚richtig‘ geritten wird, beschäftigt man sich mit anspruchsvolleren Bahnfiguren und Lektionen – vielleicht auch, um sich von den Experten an der Bande nicht vorwerfen lassen zu müssen, gedankenlos Runden zu schrubben.

So abgetan zu werden, wird ihnen aber bei Weitem nicht gerecht. Was wäre, wenn du nur mithilfe dieser Hufschlagfiguren dein eigenes Können und die Bewegungsqualität deines Pferdes spürbar verbessern könntest? Ein großer Vorteil der grundlegenden Bahnfiguren ist die relativ gleichförmige Linienführung und dass etwaige Änderungen nicht sehr schnell aufeinanderfolgen. Das bietet dir die Möglichkeit, dich in Ruhe auf ein bis zwei Aspekte zu konzentrieren – insbesondere, wenn du schnell einen Knoten in Kopf oder Körper bekommst oder dich manchmal fragst, wie du ein Schulterherein gut balanciert hinbekommen sollst, wenn es schon so anspruchsvoll ist, einen Zirkel in gutem Gleichgewicht zu reiten (und ja, ein gut gerittener Zirkel IST schwer!).

Solche Aspekte können sein:

1. Deine Atmung beim Reiten

Insbesondere wenn du oder dein Pferd (oder beide) dazu neigt, unsicher oder ängstlich zu sein, ist der Fokus auf die Atmung ein wesentlicher Baustein für mehr Ruhe und Sicherheit. Die Atmung ist unsere einzige Möglichkeit, auf das vegetative Nervensystem einzuwirken, dessen Funktionen (wie beispielsweise Steuerung von Herzfrequenz und Verdauung) ansonsten von uns nicht bewusst steuerbar sind. Unter Stress, Unsicherheit und Angst führt das automatisch zu körperlichen Reaktionen, die Losgelassenheit und Vertrauen in dich selbst und dein Pferd schwer bis unmöglich machen.

Und dass ein Pferd auf einen angespannten Reiter immer mit eigener Anspannung und Unsicherheit reagiert, ist dir sicher klar.

Ist das also immer mal wieder Thema in deiner Reiterei, kannst du die einfachen Bahnfiguren nutzen, um dich voll und ganz darauf zu konzentrieren, bewussten Einfluss auf die Qualität deiner Atmung zu nehmen, zum Beispiel folgendermaßen:

  • gleichmäßige Atmung
  • ruhige Atemfrequenz
  • tiefes Ein- und Ausatmen
  • tiefe Atmung bei gleichzeitigem Erhalt der Körperspannung

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2. Dein Sitz im Sattel

Neben der Atmung gibt es noch unzählige andere Dinge, die jeder Reiter an seinem Sitz verbessern kann – egal, wie lange du schon reitest und auf welchem Niveau du dich befindest.

An erster Stelle sollte natürlich die Korrektur stehen, an welcher du aktuell mit deiner Trainerin bearbeitest. 

Zusätzlich dazu habe ich noch ein paar Vorschläge für dich:

  • Achte darauf, ob es dir gelingt, dauerhaft im Gleichgewicht zu bleiben. Das bedeutet beispielsweise: beide Sitzbeinhöcker sind durchweg gleich belastet; beide Hüften befinden sich auf gleicher Höhe, beide Knie befinden sich auf gleicher Höhe und du fällst weder nach vorn noch nach hinten.
  • Übe das Reiten mit verschiedenen Bügellängen: Vom tiefen Sitz mit elastisch-langen Bein bis zum leichten Sitz mit ganz kurzen Bügeln. Achtung: Auch bei langer Einstellung der Bügel, sollte dein Bein im Kniegelenk noch etwas gebeugt sein!
  • Übe, dauerhaft aufmerksam in deinen und den Körper deines Pferdes hineinzuspüren, um jede Änderung wahrzunehmen.
  • Übe, deine Hilfengebung noch mehr zu differenzieren, indem du jede Einwirkung rechtzeitig und konzentriert vorbereitest und deinen eigenen Körper – insbesondere von den Knien bis zum Rumpf – stärker in die Pflicht nimmst, präzise zu arbeiten.
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Gerade Vorwärts an der kurzen Seite

3. Der Takt von dir und deinem Pferd

 Damit kommen wir zu Themen, die mehr auf das Pferd fokussiert sind: Ein gleichmäßiger Takt hilft nicht nur beim Erreichen und Erhalten der Losgelassenheit, sondern ist bereits ein erster Schritt zur Geraderichtung.

  • Achte darauf, sowohl auf der Geraden als auch in jeder Wendungen, einen gleichmäßigen Takt beizubehalten.
  • Finde heraus, wie flach oder tief die Ecken sein können, ohne dass ihr den Takt verliert.
  • Verkürze den Raumgriff in Wendungen minimal und erweitere ihn auf gerade(re)n Linien wieder etwas, ohne den Takt zu verlieren.

4. Die halbe Parade

Als eins DER wirkungsvollsten Tools in der Pferdeausbildung kann man Halbe Paraden eigentlich nicht zu oft durchführen. Sie bereiten jeden Übergang, jeden Wechsel in eine Lektion vor und verbessern die Tragkraft jedes Pferdes.

  • Achte darauf, in den Halben Paraden im Sitz nicht schief zu werden.
  • Achte darauf, dass der Pferderumpf in der Halben Parade nicht schief wird.
  • Achte darauf, dass der Pferderumpf in der Halben Parade dir unter dem Sattel spürbar etwas entgegenkommt.
  • Achte darauf, in der Halben Parade den Takt nicht zu verlieren.
  • Übe, deine eigene Körperspannung in der Halben Parade beizubehalten bzw. idealerweise noch etwas zu erhöhen, ohne dabei hart oder fest zu werden.
  • Übe, dein Zügelmaß der zunehmenden Aufrichtung deines Pferdes angemessen anzupassen, ohne zu viel Druck entstehen zu lassen oder den Kontakt zum Pferdemaul zu verlieren.
 
Halbe Parade in der darauffolgenden Ecke

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Beginnendes Aufrichten beim Antrainieren nach mehrmonatiger Krankheitspause

5. Die Übergänge

Auch in den Übergängen – sowohl nach unten als auch nach oben – kannst du darauf achten, dass

  • ihr beide nicht schief werdet
  • der Pferderumpf oben bleibt
  • das Pferd nicht ins Stocken kommt und kurzzeitig den Takt verliert
  • du weder ins Ziehen noch ins Schieben oder Drücken kommst, um die Gangart zu wechseln, sondern die Hilfen in erster Linie aus deinem Rumpf kommen und so Kopf, Hals und Rücken in ihren Bewegungen nicht gestört werden.

Dabei können Übergänge auch erstmal etwas länger dauern, sofern euch das hilft, sie in einer besseren Qualität – ohne Verlust von Takt, Losgelassenheit oder Anlehnung – durchzuführen.

Steigern kannst du das Ganze später durch das Reiten verschiedener Tempi, vor allem in Trab oder Galopp, mit denselben Ansprüchen und dann durch Übergänge, die eine Gangart überspringen, wie beispielsweise Trab-Halt oder Schritt-Galopp.

 

6. Geraderichtung deines Pferdes

Nicht zuletzt kannst du das Reiten auf großen einfachen Linien nutzen, um den Pferderumpf geradezurichten.

Bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung kannst du üben, den Pferderumpf etwas stärker von der händigen Seite hin zur hohlen Seite schwingen zu lassen, bis sich dein Pferd unter dir auf beiden Händen gerader anfühlt und die Linien konstanter halten kann.

Achte darauf, dabei selber immer gerade und mittig sitzenzubleiben sowie Zügel und Bein nur minimal einzusetzen.

 Wie du siehst, können je nach Ausführung, damit alle Punkte der Ausbildungsskala – inklusive der vorher nötigen Zwanglosigkeit – zumindest in ihren Anfängen abgedeckt werden: Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichtung und Versammlung. Während es für den Betrachter an der Bande vielleicht weiterhin nur nach ‚ein bisschen außen rum reiten‘ aussieht.

Mach es dir also nicht unnötig schwer, indem du dich zu Abfolgen zwingst, die euch aktuell noch überfordern, sondern nimm dir die Zeit, anhand der grundlegenden Bahnfiguren eure Fähigkeiten in den Grundgangarten zu verbessern. 

Je souveräner dir die Ausführung gelingt, desto leichter ist dann der Schritt zu kleineren gebogenen Linien, schneller aufeinander folgenden Bahnfiguren und später Lektionen wie den Seitengängen.

Geraderichten des Rumpfs auf gerader Linie

Fazit:
Durch das Reiten von Ganzer Bahn, Zirkel und Durch die Ganze Bahn Wechseln kannst du enorm viel für eure gemeinsame Entwicklung tun!

Außerdem hoffe ich, dass du dir auch anderen Reitern gegenüber nun bewusst bist, dass auch wer ‚immer nur Zirkel reitet‘, vielleicht ganz aufmerksam daran arbeitet, ihr Gleichgewicht gemeinsam mit ihrem Pferd qualitativ zu verbessern. 

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