Hinterhand aktivieren – darauf kommt es an

Lisas Wallach soll an der Hinterhand mehr aufmuskeln. Deswegen hat sie vor einer Weile das Training angepasst: mehr Übergänge, regelmäßig Stangenarbeit, mehr Arbeit in den höheren Gangarten und Fokus auf ein insgesamt frischeres Tempo. Einen Unterschied kann sie aber beim besten Willen nicht erkennen – die Hinterhand sieht immer noch kantig aus.
Auch beim Reiten hat sie das Gefühl, hinter dem Sattel sei gar kein Pferd mehr, da ‚kommt nix von hinten‘. Sie treibt mehr, aber ohne Erfolg. Schaut sie sich aber auf Videos an, wie das ‚da kommt nix von hinten‘ aussieht, sieht sie ein recht hohes Tempo und auch sehr weites Untertreten der Hinterbeine. Wie kann das sein? Und warum tut sich trotz aller Bemühungen nichts?

Auch Sandras Stute soll eine kräftigere Hinterhand bekommen. Deswegen achtet Sandra darauf, den Schwerpunkt ihrer Stute mehr auf die Hinterhand zu verlagern. Das soll außerdem die Vorhand freier machen. Daher spielt Versammlung in ihrem Training eine große Rolle: Seitengänge, versammeltes Tempo, versammelnde Lektionen.
Das betreibt sie nun schon länger sehr gewissenhaft, aber wirklich zufrieden ist sie nicht – ihre Stute sieht weiterhin eher schwach aus.

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Wie sollen die beiden nun vorgehen, damit sie bei ihren Pferden endlich Ergebnisse sehen?

Beide – Lisa und Sandra – müssen mehr oder weniger das Gegenteil von dem tun, was sie aktuell machen, um ans Ziel zu gelangen. Gleichzeitig ist das Gegenteil von Lisas Ansatz nicht der von Sandra und das Gegenteil von Sandras Herangehensweise ist nicht die von Lisa.

Lass mich das genauer erklären.

Lisa möchte mehr Schub und mehr aktives Arbeiten der Hinterhand. Soweit so gut. Allerdings schießt sie mit ‚Mehr hilft mehr‘ zu sehr übers Ziel hinaus.
Schub ist nur möglich, wenn die Hinterbeine des Pferdes nicht mit bereits voll gestrecktem Knie und Sprunggelenk auffußen. Die Gelenkswinkel müssen sich nach dem Auffußen noch weiter öffnen können, um Kraft zu entfalten und den Rumpf vorwärts schieben zu können. Kürzere Schritte bzw. Tritte und weniger Raumgriff sind hier die bessere Lösung.

Schub ist zusätzlich auch nur dann möglich, wenn die Hinterhand nicht einer nach vorn rennenden oder fallenden Vorhand hinterher eilt. Wenn dein Fahrrad bergab zu schnell wird, kommst du auch nicht mehr zum Treten. Um mehr Schubkraft zu erzielen, darf Lisa ihr Pferd also nicht schneller schicken, als es mit seiner Vorhand noch gut balancieren kann und auch wirklich mit der Hinterhand zum Schieben kommt, anstatt mit der Vorhand zu ziehen.
Dafür ist eventuell auch erst einmal Arbeit an der Vorhand nötig.

Egal ob Stangen, Übergänge, Trab oder Galopp – erst wenn Lisa darauf achtet, dass ihr Pferd die jeweilige Anforderung korrekt ausführt, wird sich ein Erfolg einstellen können.

Dann bekommt sie das Gefühl, im Sattel von der Hinterhand mitgenommen zu werden. Die Bemuskelung ihres Pferdes wird harmonischer, die Kruppe ausgefüllter und ganz nebenbei werden noch die Knie stabiler und die Bewegungen der Hinterbeine insgesamt geschmeidiger.

Sandra verfällt einem ähnlichen Irrtum, allerdings fällt sie sprichwörtlich auf der anderen Seite vom Pferd.
Um die Hinterhand zu kräftigen und die Vorhand freier zu bekommen, müssen die Hinterbeine mehr schieben, nicht weniger. Die Vorhand kann nur freier werden, wenn sie zu ihren eigenen Aufgaben (Stabilisieren und Geraderichten des Rumpfs) nicht noch die der Hinterhand (Vorwärtsbewegung) übernehmen muss. Zusätzlich nimmt der Gedanke, das Gewicht nach hinten verlagern zu wollen, dem Pferd das natürliche Vorwärts – man denkt schließlich von vorn nach hinten. Die Hinterhand bekommt so gar keine Chance, zu arbeiten. Dadurch wird weder die Vorhand freier noch die Hinterhand kräftiger.

Sandra sollte also tatsächlich erst einmal weniger an Versammlung denken und mehr darauf achten, etwas mehr Vorwärts zu reiten und die Hinterhand wirklich ins Schieben zu bringen. Ideal ist der Eindruck, die Pferdebewegung käme mehr ins Fließen nach vorn oder als hätte das Pferd jetzt mehr „Wind im Segel“.


Dieser Eindruck muss (!) auch später in der Versammlung erhalten bleiben – mit dem Unterschied, dass die Energie dann mehr nach oben umgeleitet wird und deswegen die Kraft der Hinterhand als Tragkraft wirkt. Was für ein Kraftakt fürs Pferd!
Auch auf diesem Weg ist immer wieder Arbeit an der Vorhand nötig, denn wir können einzelne Körperteile nicht grundsätzlich getrennt voneinander betrachten.

Wenn du dich bei Lisa oder Sandra ein bisschen wieder gefunden hast, lass mich dir Folgendes mitgeben:

Entscheidend ist am Ende weniger, welche konkreten Übungen und Lektionen ihr nutzt oder übt. Entscheidend ist, wie dein Pferd sie ausführt. Und das setzt immer voraus, dass du verstehst, worum es geht und worauf zu achten ist.

Klingt schlüssig, aber du hättest dabei gern Unterstützung? Die findest du in all meinen Angeboten: Trainingspaket oder Onlinetraining sowie in meinem Onlinekurs.

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