Die drei weitreichendsten Entscheidungen für das Leben eines Pferdes

Dieser Blogartikel ist ganz bewusst ein Appell, da mir die Konsequenzen dieser Entscheidungen tagtäglich begegnen und viele Pferdebesitzer mit ihrem erwachsenen Freizeitpferd haben, die viel Zeit, Geld und Nerven kosten, obwohl sie vermeidbar gewesen wären. Diese drei Entscheidungen sind:

  1. Die Anpaarung der Eltern
  2. Die Aufzucht
  3. Die Grundausbildung

Es ist deine Entscheidung

Vorab: Mir ist bewusst, dass nicht alle Entscheidungen direkt in deiner Hand liegen. Indirekt triffst du aber auch beim Kauf eines erwachsenen Pferdes eine Entscheidung für oder eben gegen diese Kriterien. Da sie den größten Einfluss auf das komplette Leben eines Pferdes haben, erntest du die Früchte dieser Entscheidungen nämlich auch noch, wenn du die 5. Besitzerin eines jetzt bereits 19jährigen Pferdes bist und für bestmögliche Haltung, Fütterung und Bewegung sorgst.

Natürlich ist es nicht einfach, diese Kriterien zu erfüllen. Ich möchte aber sicherstellen, dass du dir dieser Faktoren und ihrer möglichen Konsequenzen bewusst bst, wenn du eine Entscheidung triffst. Daher lass uns jetzt gemeinsam schauen, wie die Wahl der Eltern, der Aufzucht und der Grundausbildung ein Pferdeleben beeinflussen.

1. Die Anpaarung der Eltern

Mit der Wahl der Elterntiere werden schon die ersten Weichen gestellt. Sie vererben idealerweise einen stabilen Körper, der für seinen Zweck gut gebaut ist, sowie charakterliche Eigenschaften wie Zugewandtheit zum Menschen, Neugier, Mut, Durchhaltevermögen oder Arbeitswillen.

Anpaarung der Eltern

Unpassende Anpaarungen können dann beispielsweise dazu führen, dass man später einen guten Weg finden muss, um den sensiblen und schnell gestressten Friesengeist im klobigen Haflingerkörper gut regulieren zu können. Oder den Arbeitswillen des Trakehners im schwachen Bindegewebe des Tinkers.

Ja, das sind Extrembeispiele – wobei nicht mal die Ungewöhnlichsten, die mir bisher begegneten – und eine ungewöhnliche Anpaarung kann auch gut gehen. Das weiß man allerdings leider erst hinterher. Geht die Hoffnung nicht auf, hat das Pferd vielleicht ein Leben lang mit zwei Gegensätzen im eigenen Körper zu leben. Am leichtesten mit sich und seiner Umwelt tut sich ein Pferd in erster Linie, wenn sein Körper und sein Geist für das Gleiche gemacht sind (und das dann auch tun dürfen).

Und dann dürfen wir auch Erbkrankheiten wie beispielsweise PSSM1 und 2 oder ECVM nicht vergessen, welche im besten Fall hohe Ansprüche an das alltägliche Management von Haltung, Fütterung und Training stellen und im schlimmsten Fall die Lebensdauer des Pferdes deutlich verkürzen. Ganz abgesehen von der Nutzung, die wir für oder mit dem Pferd im Sinne haben.

Sei dir also bewusst: Auch wenn individuell passendes Management in Haltung, Fütterung, Umgang und Nutzung großen Einfluss darauf haben, ob und wie viel ein Pferd sein Potential ausschöpfen kann – angeborene genetische Faktoren wie Körperbau oder Grundcharakter eines Pferdes sind nicht veränderbar.

 
Aufzucht in der Gruppe

2. Die Aufzucht

Wusstest du, dass die Grundqualität vieler Strukturen im Pferdekörper – wie Sehnen und Bänder, Knochen, aber auch des Verdauungstrakts – nicht nur in den ersten Lebensjahren, sondern bereits in den ersten Lebensmonaten eines Fohlens bestimmt wird? Oder dass Sozialverhalten untereinander vor allem in den ersten zwei Lebensjahren durch Beobachten der anderen Herdenmitglieder erlernt wird?

Das Beste für ein junges Pferd ist es daher, vom ersten Tag an draußen zu leben, sich permanent auf unterschiedlichem Terrain in allen Gangarten bewegen zu können und von erwachsenen Pferden zu lernen, wie man welche Probleme untereinander regelt oder wer in der Gruppe welche Aufgaben übernimmt. Damit hat es die idealen Voraussetzungen für einen gesunden und starken Körper sowie ein gutes Sozialverhalten anderen Pferden gegenüber.

Fehlt das, insbesondere in den ersten Monaten, ist vor allem der gesundheitliche Aspekt auch bei später bestem Management nicht mehr vollständig nachzuholen. Das merkt man nicht unbedingt sofort, aber die Zipperlein und Verschleißerscheinungen im Alter kommen früher und deutlicher, als hätte sein müssen.

Auch das Sozialverhalten zu lernen ist für ein erwachsenes Pferd wesentlich schwerer bis nahezu unmöglich. Dafür muss außerdem die Herde auch geeignet sein: keine Fluktuation, Ressourcen sind für alle zugänglich, es ist ausreichend Platz für alle und die anderen Pferde haben ein souveränes Miteinander.

Im schlimmsten Fall ist das Pferd sein Leben lang anfällig für unterschiedliche gesundheitliche Probleme, kann deswegen nicht voll belastet werden und hat außerdem aufgrund seines Sozialverhaltens eine lange Liste spezieller Anforderungen an den idealen Pensionsstall. Alles Dinge, die ich persönlich als Pferdebesitzerin vermeiden wollen würde!

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3. Die Grundausbildung

Am Ende einer guten, sorgfältigen Grundausbildung hat das Freizeitpferd im Wesentlichen folgende Dinge gelernt:
• Es kennt die üblichen Ausrüstungsgegenstände und Orte für ein Leben als Freizeitpferd und kommt damit ganz unaufgeregt und gelassen zurecht. Dazu gehören beispielsweise Kappzaum, Trense, Zügel und Sattel sowie verschiedene Reitplätze, Hallen und das Gelände mit allem, was dazugehört.

Die Grundausbildung

• Es kann sich in allen Gangarten auf einfachen Linien und in einfachen Übergängen gut ausbalancieren, auch mit einem Reiter. Dafür hat es ausreichend Koordination und Muskulatur gebildet.

• Es hat das Vertrauen zum Menschen behalten.

Deswegen ist es allen Menschen gegenüber zugewandt, freundlich, Neuem gegenüber offen und gelassen. Es ist dadurch unkompliziert im Umgang sowie der weiteren Ausbildung. 

Verglichen mit einem rohen Jungpferd beinhaltet diese Liste sehr viel Input, weswegen eine vernünftige Grundausbildung mindestens zwei Jahre dauert, tendenziell länger.

Muss diese später nachgeholt werden, bedeutet das in der Regel im Gegensatz zum Jungpferd ein Umlernen der bisherigen Gewohnheiten und Bewegungsmuster – also mehr Aufwand. Und ein ausgewachsenes Pferd hat auch ein bereits gefestigtes Weltbild, wir können uns also die natürliche Neugier und den Lerneifer des jungen Pferdes nicht mehr zunutze machen. 

Insbesondere für ein ausgewachsenes rohes Pferd kann es schwer werden, zu akzeptieren, dass der Mensch jetzt Anforderungen stellt und Rücksicht einfordert. Ein erwachsenes, noch rohes Pferd hat langfristig außerdem ebenfalls eher schwache Knochen, denn bis es ausgewachsen ist, passen sich die Strukturen weiterhin gemäß der Belastung an. Eine angepasste Grundausbildung ab einem Alter von 3, spätestens 4, Jahren sorgt also auch für den nötigen Input an die körperlichen Strukturen, sich entsprechend stabil auszubilden.

Maßgeblich entscheidend ist bei der Grundausbildung aber der letzte Punkt, das Vertrauen in den Menschen. Hier liegt auch das größte Problem, vor allem bei einem zu schnellen Start ins Reitpferdeleben. Macht ein Pferd in dieser Phase die Erfahrung, dass es permanent überfordert wird, für sein mangelndes Können oder die Äußerung dieser Überforderung dann noch gemaßregelt oder übergangen wird, kann das sein Vertrauen in den Menschen nachhaltig zerstören und dazu führen, dass es sich sein Leben lang eine gewisse Grundskepsis erhält.

Das wiederum erschwert dann auch das Nachholen der Grundausbildung, denn das Pferd wird Ungewohntem eher negativ gegenüber stehen und entweder abschalten – was einem Miteinander, was wir für Rittigkeit und Bewegungsqualität brauchen, entgegen steht –, sich wehren – was wiederum jeden Lernversuch zur Herausforderung machen kann – oder dauerhaft ängstlich sein und unter Stress stehen.

Triff deine Entscheidungen bewusst!

Hast du ein Fohlen, such also den Aufzuchtplatz sorgfältig aus und mach dir bewusst, dass die Haltung dort für seine Gesundheit wichtiger ist als dass du nebenan wohnst und es täglich besuchen kommen kannst. Die Zeit kannst du beispielsweise dafür nutzen, dir eine vernünftige Ausbilderin für die spätere Grundausbildung zu suchen und an deinen eigenen Fähigkeiten zu arbeiten.

Ich möchte dir auch nicht verbieten, dir einen Friesenmix mit schwachem Rücken aus schlechter Haltung zu kaufen. Aber es ist mir wichtig, dass du weißt, was du damit auf dich nimmst: nämlich unter Umständen ein lebenslang nicht normal reitbares Pferd, welches dann vielleicht auch noch zum Frührentner wird. Wenn es dir das wert ist, deine eigenen Bedürfnisse nach beispielsweise einem verlässlichen Geländereitpferd für die nächsten Jahre nicht bedienen zu können, dann spricht nichts gegen diesen Kauf.

Als Käufer oder Besitzer eines Fohlens oder noch rohen Jungpferdes rate ich dir, diese Faktoren unbedingt zu priorisieren, um deinem Pferd die Grundlage für ein langes gesundes Leben mitzugeben.

Als Käufer eines erwachsenen Pferdes solltest du dir in Ruhe ganz rational Gedanken darüber machen, was du mit deinem Pferd wirklich gern machen können möchtest, was du realistisch leisten kannst (Ausbildung mit Unterstützung, Zeit, Geld) und welche Kompromisse oder welchen Frust du bereit bist, in Kauf zu nehmen.

In jedem Fall lass die Dinge nicht einfach irgendwie geschehen, sondern triff deine Entscheidung(en) bewusst – für viele schöne gesunde Jahre gemeinsam mit deinem Pferd!

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