Mehr aus den Hufschlagfiguren herausholen – so geht’s

Hufschlagfiguren – wertvolle Werkzeuge

Hufschlagfiguren sind für viele Reiterinnen ein eher nebensächliches Thema. Sie gehören schon irgendwie dazu, aber so wirklich interessant sind sie nicht.

Dabei haben Hufschlagfiguren natürlich einen Zweck und können – ja, sollten! – sehr hilfreiche Werkzeuge in eurer Ausbildung sein. Auch, wenn euch Biegung noch schwerfällt oder Galopp nur auf der Ganzen Bahn funktioniert. Wie das möglich ist, zeige ich dir in diesem Blogartikel.

Warum reiten wir überhaupt im Viereck und nicht einfach nur im Gelände?

Auch wenn die Bewegung im Gelände der Natur des Pferdes wesentlich besser entspricht, lassen sich während der Ausbildung die Anforderungen in der Halle oder auf dem Reitplatz wesentlich leichter an das momentane Können des Pferdes anpassen. Der ebene und griffige Boden vereinfacht dem Pferd das Finden von Losgelassenheit und Gleichgewicht vor allem in Wendungen deutlich. Im späteren Verlauf der Ausbildung bietet das Viereck die Möglichkeit, den Grad der Biegung und die Abfolge verschiedener Lektionen auf unterschiedlichen Linien individuell und spontan auszuwählen anstatt in erster Linie Zäune, Bäume, anspruchsvollere Untergründe oder Wegführungen berücksichtigen zu müssen.

Welche Zwecke können Hufschlagfiguren erfüllen?

Hufschlagfiguren helfen dir dabei, die Orientierung im Raum zu behalten, damit du dein Pferd zielsicher führen kannst und ihr nicht zufällig irgendwo auf dem Viereck landet. Sie verhindern, dass Wendungen aus Versehen viel zu eng werden, ihr mit dem Kopf zur Bande stoppen und du neu überlegen musst, was jetzt eigentlich der Plan war.

Du solltest also damit beginnen, die Hufschlagfiguren und ihren korrekten Verlauf zu kennen. Eine gute Quelle dafür ist zum Beispiel Band 1 der Richtlinien für Reiten und Fahren der FN.

Zusätzlich kannst du sie hervorragend nutzen, um Feedback zur Ausführung zu bekommen. Ohne ein konkretes Ziel oder Ideal im Kopf hast du keinen Vergleich, der dir aufzeigt, was ihr noch verbessern könnt. 

So ein Feedback kann beispielsweise sein, dass ihr auf allen Geraden ohne Bande (bei Handwechseln oder auf dem zweiten Hufschlag) einen Drift nach rechts habt. Oder das Abwenden immer erst drei Meter nach dem jeweiligen Buchstaben (der ja bei der Orientierung helfen soll) stattfindet. Oder die zweite Hälfte des Zirkels immer etwas größer werden möchte als die erste.

All das sind dann Informationen, mit denen du weiter arbeiten kannst. Du kannst deine Vorbereitung und die Hilfengebung während der Hufschlagfigur so verbessern, dass die Abweichung vom Ideal von Mal zu Mal geringer wird.

Manchmal wird das Feedback auch sein, dass die geplante Figur doch noch zu schwer für euer Können ist und sich die Probleme erst verbessern lassen, wenn du die Linie wieder vergrößerst oder nicht so schnell von einer zur nächsten wechselst. 

Und nicht zuletzt bieten die Hufschlagfiguren für jeden Ausbildungsstand mögliche Abläufe, die weder unter- noch überfordern. So muss nicht jeder Reiter das Rad neu erfinden und sich täglich neue Linien ausdenken, die zum aktuellen Können passen. Die Vielzahl der Hufschlagfiguren ist nämlich gar nicht unbedingt dafür da, es möglichst ‚abwechslungsreich‘ zu machen. Gerade in der Grundausbildung birgt der Fokus auf Abwechslung oft die Gefahr der Überforderung und mangelnden Routine. Ihr Zweck liegt vielmehr darin, Geraden, Wendungen und Handwechsel entsprechend des aktuellen Ausbildungsstands des Pferdes anzulegen.

Denn je kleiner die Wendungen, je schneller die Wechsel und je höher die Gangart, desto mehr braucht das Pferd Kraft aus der Hinterhand, Symmetrie zwischen den Schultern, einen angehobenen Rumpf und einen kürzeren Rahmen bei gleichzeitig hoher Aufmerksamkeit und Durchlässigkeit.

Damit schließt sich der Kreis zum ersten Punkt: Du musst nicht nur wissen, welche Figuren es grundsätzlich gibt, sondern auch, welche einfacher sind als andere. Und wie du sie möglichst stufenlos anspruchsvoller machen kannst, um dich und dein Pferd voranzubringen, ohne ins kalte Wasser (und damit die Überforderung) springen zu müssen.

 

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Und wie kannst du dies nun konrekt umsetzen?

  1.  Du hast sichergestellt, dass du die Hufschlagfiguren und ihren korrekten Verlauf kennst.

  2.  Du machst dir bewusst, dass Abläufe einfacher sind, je größer die Wendung, je flacher die Kurve, je mehr Zeit zwischen verschiedenen Linien und je niedriger die Gangart.
    Das bedeutet, du kannst Anforderungen für ein Jung- oder Korrekturpferd vereinfachen, indem du Kurven flacher reitest, Durchmesser vergrößerst oder zwischendrin mal etwas länger auf dem Hufschlag bleibst und euch neu sortierst.
    Einfache Hufschlagfiguren sind beispielsweise: Ganze Bahn, Durch die Ganze Bahn Wechseln, Zirkel.

  3. Dementsprechend sind kleinere Wendungen, rundere Kurven, schneller aufeinander folgende Abläufe sowie höhere Gangarten anspruchsvoller. Sie erfordern nicht nur mehr Durchlässigkeit und Balance, sondern auch aufmerksameres und schnelleres Denken
    Du kannst Anforderungen also steigern, indem du gebogene Linien kleiner werden lässt, schneller zwischen verschiedenen Hufschlagfiguren wechselst, die Gangart erhöhst oder das Ganze noch zusätzlich mit Übergängen oder später auch Lektionen kombinierst.
    Anspruchsvolle Hufschlagfiguren sind unter anderem: Volten, Schlangenlinien durch die Ganze Bahn 4 Bögen, Doppelte Schlangenlinie und Kombinationen aus Figuren mit Volten.

  4.  Achtung: Es geht nicht vorrangig darum, möglichst viele Hufschlagfiguren korrekt reiten zu können, sondern MITHILFE der Hufschlagfiguren das Pferd auszubilden. Also: Geraderichtung, Schubkraft und Tragfähigkeit zunehmend zu verbessern und dadurch über die Jahre ein immer rittigeres, durchlässigeres und balancierteres Pferd zu bekommen.
Durch die Ganze Bahn wechseln grün, Schritte zum Wechsel durch die Halbe Bahn rot
Ganze Bahn und Mittelzirkel, regulär grün, vereinfacht blau
Schlangenlinien durch die Ganze Bahn 4 Bögen grün, mögliche Volten blau

Mit diesem Wissen im Hinterkopf gehst du mit deinem Pferd aufs Viereck und beginnst mit den einfachsten Hufschlagfiguren. Dabei überprüfst du immer wieder, ob du eine klare Vorstellung der idealen Linie hast. (Wenn nicht – üben! Und erst dann Ansprüche ans Pferd stellen, wenn du Klarheit über die Linie hast.)

Auf diesen einfachen Linien stellst du erst einmal sicher, dass dein Pferd einen gleichmäßigen Takt und ein passendes Arbeitstempo  findet.

Wenn nötig, kannst du die Linien noch weiter vereinfachen, indem du die Ecken stärker abkürzt und statt der Zirkel bei A oder C den Mittelzirkel nutzt und diesen etwas ovaler werden lässt.

Sind Takt und zumindest Zwanglosigkeit sichergestellt, beginnst du jetzt ganz vorsichtig, die Linien etwas anspruchsvoller werden zu lassen. Die Zirkel werden also runder und die Ganze Bahn vom Oval wieder mehr zum Viereck. Du kannst den Zirkel minimal verkleinern und dich Stück für Stück vom Durch die Ganze Bahn Wechseln an Durch die Halbe Bahn Wechseln und Aus der Ecke Kehrt herantasten, indem ihr den Hufschlag immer etwas früher erreicht bzw. an immer etwas früher abwendet.

Dabei bleibst du ganz aufmerksam, damit du genau mitbekommst, wann dein Pferd beginnt, den Takt oder das ideale Tempo zu verlieren, sich fest zu machen oder schiefer zu werden. All das sind Zeichen, dass ihr euch jetzt an der Grenze des aktuellen Könnens befindet. Du solltest also die Linien jetzt NICHT weiter verkleinern, sondern zurück zu den einfacheren Linien gehen und dich erneut an die anspruchsvolleren herantasten.

Da du weißt, ab welchem Punkt dein Pferd die Probleme zeigen wird und auch, wie (Takt, Tempo, Verlust der Zwanglosigkeit bzw. Losgelassenheit, Schiefe), ist es deine Aufgabe, dein Pferd durch deine Hilfengebung dabei zu unterstützen, diese Qualität beizubehalten, wenn es an seine momentanen Grenzen geht.

Diesen Ablauf – vom Einfachen aus Stück für Stück anspruchsvoller werden, kurz an der Grenze bleiben (wenige Schritte bzw. Tritte!) und dann wieder zurück zum Einfachen – durchlauft ihr jetzt in jeder Einheit mehrmals. Da du so immer wieder an die Grenzen gehst, dort aber nicht zu viel oder zu lange forderst, verbesserst du euer Können, ohne es zu übertreiben und Frust zu verursachen.

Vergiss beim Üben außerdem niemals: Kein Pferd kann besser gehen als es in dem Moment vom Menschen geführt wird!

Frage dich also immer wieder:

  • Habe ich rechtzeitig und passend vorbereitet und eingeleitet?
  • Oder zu spät, zu wenig, zu plötzlich, …?
  • Habe ich es geschafft, die Linie gleichmäßig zu halten? 
  • Oder sind meine inneren Hilfen stärker als die äußeren, die linke Körperhälfte klarer als die rechte, vergesse ich in Wendungen das Vorwärts, …?

Mit der Zeit bekommst du auf diesem Weg ein immer besseres Gespür dafür, auf welche Details in Vorbereitung und Hilfengebung du achten musst, welchen Aspekt des Gleichgewichts dein Pferd tendenziell zuerst verliert, wie groß Wendungen aktuell sein und wie schnell Wechsel aufeinander folgen dürfen, wenn sie gut ausgeführt werden können sollen.

Die Arbeit auf und mit den Hufschlagfiguren erfordert damit durchaus mehr Aufmerksamkeit auf das, was ihr tut und wie es klappt. Das macht es gleichzeitig viel interessanter und aufschlussreicher, denn bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung kannst du etwas lernen und bist in der Lage, eure Fähigkeiten selbständig immer weiter zu steigern, ohne es permanent zu übertreiben oder vermeintlich ganz sein lassen zu müssen.

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